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Fernverbindung. Emotionen in der virtuellen Zusammenarbeit

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Internationale Studie zur virtuellen Zusammenarbeit in der Corona-Krise

Digitales Teamwork klappt, aber der Mensch kommt zu kurz

  • Unternehmen haben kurzfristig zwischen 70 und 100 Prozent ihrer Bürotätigkeiten auf Homeoffice umgestellt
  • Bis auf Netzüberlastungen funktionieren die digitalen Plattformen gut
  • Es fehlt an geeigneten Tools, die die sozialen und emotionalen Aspekte menschlicher Zusammenarbeit berücksichtigen

Die empirische Studie des Goinger Kreises zu „Emotionen in der virtuellen Zusammenarbeit“ beweist: Virtuelle Zusammenarbeit ist möglich. Aber sie vernachlässigt zu oft die sozialen und emotionalen Bedürfnisse der Mitarbeiter. „Derzeit leben wir unfreiwillig in einem gigantischen Versuchslabor der virtuellen Führung und Zusammenarbeit“, so Thomas Marquardt, Infineon-Manger und Vorsitzender des Goinger Kreises. „Wir nutzen diese Ausnahmesituation, um wichtige Erkenntnisse für die Zeit nach der Corona-Krise zu sammeln. Wir befassen uns seit vielen Jahren intensiv mit digitaler Führung und Zusammenarbeit sowie mit der Rolle von Emotionen für exzellente Führung. Uns ist klar: Kein Unternehmen wird einfach zum herkömmlichen Büroalltag zurückkehren.“

Selbst Coaching findet online statt

Im Fokus der international ausgerichteten Erhebung stehen zwei zentrale Fragestellungen: Wie ist der Realisierungsstand der virtuellen Arbeits- und Zusammenarbeitsformen? Welche nicht-technischen Erfahrungen wurden in dieser Zeit des Extremszenarios gemacht? Die Ergebnisse zeigen, dass selbst Unternehmen, die in Sachen Digitalisierung bisher zögerlich agierten, kurzfristig 70 bis 100 Prozent ihrer Bürotätigkeiten auf Homeoffice umgestellt haben. Dies betrifft auch Tätigkeiten, die man bisher der Face-to-Face-Situation vorbehalten hatte, darunter Personalauswahlgespräche, Coaching oder die Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Ein weiterer zentraler Befund: Abgesehen von Netzüberlastungen funktionieren Kommunikationsinstrumente, Netzzugänge und Bedienung gut. Viele der neuen Prozesse werden deshalb nach der Corona-Krise weiterhin genutzt werden. Die virtuelle Zusammenarbeit ist aufgrund der positiven Erfahrungen plötzlich ein ganz selbstverständlicher Teil der unternehmensinternen Abläufe.

Unsichere und introvertierte Mitarbeiter fühlen sich isoliert

Die Studienergebnisse offenbaren aber gleichzeitig große Problemzonen. Die Arbeit dringt in das private Zuhause ein, das oft bewusst vom Berufsalltag ferngehalten werden sollte. Mitarbeiter, die Interaktion und Unterstützung brauchen oder introvertiert sind, fühlen sich schneller isoliert und allein gelassen. Video- und Telefonkonferenzen lassen wenig Raum für Small-Talk, Emotionen, Beziehungen und andere Dimensionen menschlicher Interaktion. Projektleiterin Anne Burmeister von der Rotterdam School of Management: „Bürozusammenarbeit basiert auf ganz verschiedenen sachlichen und persönlich-emotionalen Interaktionen, die für die Mitarbeiter gleichsam bedeutsam sind. Solche Routinen gibt es in der virtuellen Zusammenarbeit noch nicht.“ Deshalb müsse der Umgang mit Emotionen und persönlicher Beziehung Teil des Führungsverständnisses werden.

Corona-Krise öffnet den Blick für emotionale Faktoren erfolgreicher Zusammenarbeit

Die Forschung muss nach Auffassung des Goinger Kreises den realen Großversuch nutzen, um valide Erfolgsfaktoren zu identifizieren. Dabei sollten auch Aspekte berücksichtigt werden, die in der Zeit der Ausgangsbeschränkungen nicht im Vordergrund stehen. „Innovation und Kreativität brauchen Raum für Vorläufiges, Spontanes und Halbfertiges, ja auch für den Irrweg“, erläutert Burmeister. „Das ist nicht gerade die Stärke bisheriger digitaler Kommunikation. Für viele ältere Mitarbeiter ist der soziale Kontakt zudem eine wichtige Motivation, überhaupt noch zu arbeiten. Alleine im Homeoffice zu sitzen, interessiert sie nicht.“ Gerade die erfolgreiche technische Feuerprobe öffne den Blick für die emotionalen Faktoren: „Wir müssen noch besser verstehen, was bei der virtuellen Führung und Zusammenarbeit tatsächlich passiert und was funktioniert und was nicht.“ Der Goinger Kreis unterstützt diesen Prozess aktiv mit Empfehlungen, mit guten Beispielen und mit einem Video, dass gemeinsam mit dem renommierten Münchner Fastfood-Theater gestaltet wurde. Das Material kann auf der Webseite des Goinger Kreises heruntergeladen werden: www.goinger-kreis.de

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